Meinungsfreiheit galt schon immer als teures Gut | Luca Piergiovanni

Letzten Samstag protestierten tausende Spanier in Madrid und in anderen Städten gegen ein neues Sicherheitsgesetz, dass Strafen für unangemeldete Kundgebungen deutlich erhöht und als Instrument angesehen wird, Gegner der Regierung mundtot zu machen.

Der im Dezember beschlossene Maßnahmenkatalog nennt sich „Gesetz für die Sicherheit der Bürger" und umfasst dutzende Regeln, die etwa die Teilnahme an spontanen Demonstrationen, den Aufruf zur selbigen oder das Fotografieren von Polizisten mit Geldbußen von bis zu 600.000 Euro bestrafen. Das Besondere daran ist, das derartige „Vergehen gegen die Sicherheit der Bürger" nicht als Verbrechen, sondern als Ordnungswidrigkeiten eingestuft werden. Somit kann der Gerichtsweg umgangen werden, denn anders als bei Verbrechen ist bei Ordnungswidrigkeiten kein Gerichtsverfahren nötig. Spanische Richter hatten sich oft geweigert, vorgeladene Demonstranten zu verurteilen, weil diese lediglich „ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausübten". Das heißt im Klartext, dass Vergehen, die bisher vor Gericht behandelt werden mussten, zukünftig direkt wie Falsch-Parken bestraft werden. Ein Punkte-System teilt die Bußgelder nach Schwere der Vergehen ein: Drei leichte Vergehen ergeben dabei ein schweres (bis zu 30.000 Euro) und drei schwere ein sehr schweres Vergehen mit Bußgeldbescheiden bis zu 600.000 Euro. So werden künftig für spontanen Protest 100 bis 600 Euro fällig, für ein Aufrufen zum Protest via Twitter weitere 600 Euro. Kommt es bei dem Protest zu Ausschreitungen, erhöht sich die Strafe für die Teilnahme auf bis zu 30.000 Euro. Wer Gewalt-Exzesse der Polizei auf Demonstrationen fotografiert oder veröffentlicht, zahlt auch bis zu 30.000 Euro. Protest vor Regierungsgebäuden am Vorabend von Wahlen gilt fortan sogar als sehr schweres Vergehen und wird mit einem Bußgeld bis zu 600.000 Euro belegt, genauso wie Demonstrationen vor einem Atomkraftwerk: Beides gefährde dem Gesetz zufolge „wichtige Infrastruktur".

Die von Kritikern „Knebelgesetz" genannte Gesetzesvorlage wurde im Unterhaus bereits genehmigt und muss nun im Senat in den nächsten Wochen diskutiert werden. Die Opposition stimmte gegen das Gesetz, Menschenrechtsorganisationen kritisierten die massive Einschränkung der Bürgerrechte, Anwälte wollen vor dem Europäischen Gerichtshof dagegen klagen. Laut einer Umfrage der El Pais lehnen 80 Prozent der Spanier das Gesetz ganz oder teilweise ab.