Folkloristischer Tanz. | (c) Sergio G. Canizares

Die Kultur und dir Traditionen Ibizas unterscheiden sich wegen der phönizischen und maurischen Einflüsse erheblich von denen des spanischen Festlandes. So sind zum Beispiel orientalische Klänge und nordafrikanische Tänze in volkstümlichem Tanz und Gesang Ibizas eingewoben.

Tanz

Ibizenkischer folkloristischer Tanz gleicht zwischengeschlechtlichem Flirtverhalten und wird von einem Mann und einer oder mehreren Frauen ausgeführt. Die Bewegungen des Mannes symbolisieren Macht, Stärke, und Vitalität mit dem Ziel, mit diesen die Frau zu beeindrucken, während die Frau zurückhaltend, fast schüchtern mit kleinen Schritten den Blicken des Mannes auszuweichen sucht. Dabei bewegt sich das Paar zum Rhythmus der Kastagnetten. Die Tänze bestehen aus drei Teilen, der sa Curta (die kurze), sa llarga (die große) und den ses nou rodales (die neun Runden) welche die verschiedenen Stadien des Umwerbens wiedergeben.

Trachten

Die gonella, das traditionelle ibizenkische Festkleid, ist eine lange schwarze, mit goldenen Knöpfen besetzte Robe, über der ein großes, buntes Seidentuch über die Schultern drapiert wird. Unter der Robe befinden sich bis zu 15 Unterröcke. Als Kopfbekleidung wird entweder ein cambuix, ein bunt besticktes Seidentuch, oder ein einfaches, weißes aus Baumwolle getragen. Bisweilen sieht man auch die mantellina, einen weiten Seidenumhang, oder die abrigai, ein Tuch welches über Schultern und Arme geschlagen wird. Zu alldem gehört emprendrada, Schmuck und Ketten aus Gold oder Silber und Ringen an allen Fingern außer den Daumen.

Der Mann trägt ein weißes Hemd mit weitem Kragen, über diesem oft ein Tuch gebunden. Darüber eine schwarze Seidenjacke mit zweireihiger Knopfleiste. Dazu gehören entweder eine einfache, lange Hose oder zaragüellos, eine Pumphosenart orientalischer Herkunft. Als Kopfbedeckung dient eine rote Zipfelmütze, oder seltener, ein Strohhut. Um die Hüfte wird ein breites Tuch gebunden, in welchem früher das Messer versteckt war. Als Schuhwerk dienen immer die geflochtenen, vorne offenen espardenyes.

Musikinstrumente

Die flaüta, die Flöte aus Oleanderholz und wichtigstes inseltypisches Instrument, wird meist nur einhändig gespielt. Mit der anderen Hand schlägt man eine kleine Trommel aus Pinienholz zum selben Takt. Auch die reclam de xeremies, eine 15cm lange und 1,5cm dicke Klarinette, welche den altägyptischen Maitund Zoummarah-Flöten ähneln, sieht man öfters. Sozusagen unvermeidlich sind die größten Kastagnetten Spaniens, die 15cm langen castanyoles.

Gesang

Die Pityusen haben jedoch auch eigene Lieder und Balladen, cantades oder xacotes, hervorgebracht. Dieses Liedgut enthält starke nordafrikanische Einflüsse und ist meist auf Volksfesten zu hören. Caramelles (Weihnachtslieder) und porfedi, (humorvolle Weisen über das Verhältnis von Mann und Frau, die humorvollen Diskussionen ohne Augenkontakt gleichen) sind jüngerer Herkunft.

Dichtkunst

Nach wie vor werden viele Gedichte und Lieder auf Ibiza in mündlicher Überlieferung weitergegeben, wodurch sich der Ursprung dieser zeitlich nicht mehr zuordnen lässt. Man nimmt an das sie wohl in großen Teilen provencialischen Dialekten entspringen. Dazu gehören Cançons d’infants (Kinderlieder), romanços (Romanzen), gloses (sarkastische Glossen), goigs und rondalles (Erzählungen über bekannte Persönlichkeiten) sowie das teatre pasqual oder nadalenc mit Geschichten christlicher Thematik.

Legenden

Die Folklore Ibizas ist reich an Mythen und Legenden, die teilweise auch auf reale Begebenheiten zurückzuführen sind.

Zu den bekannteren Sagen gehört die Geschichte von der Nacht vor dem Fest zu Ehren des Heiligen Sant Joan, bei der sich die Geister am Waffenhof von Dalt Vila oder an der alten Brücke von Santa Eulària treffen.

Auch um es barruguet, einem hässlichen kleinen vollbärtigen Zwerg, ranken sich viele Mythen. Dieser wichtigste aller bösen Geister Ibizas ist stets dazu aufgelegt, die Menschen zu erschrecken, zu ängstigen und zu quälen. Wer es barruguet anheimfällt, wird keine ruhige Nacht mehr haben. Er lebt angeblich am Puig des Molins, der alten karthagischen Totenstadt.

Aber auch gute Geister wie es famelià, zum Schutz von Häusern herbeigerufen, oder es follet, als fliegender Geist böses und teuflisches bekämpfend, sollen nicht unerwähnt bleiben.