Sánchez ist am Zug | Carlos Montes de Oca

Auch fast zwei Monate nach der großen Parlamentswahl am 20. Dezember 2015 ist die politische Situation in Spanien nach wie vor vertrackt. Alle vier großen Parteien sind in das Parlament eingezogen, alle mit respektablem Wahlerfolg im zweistelligen Prozentbereich. Aber keine möchte mit keiner regieren, keine hat eine Mehrheit. Um dieses politische Vakuum, und die Möglichkeit erforderlicher Neuwahlen, aufzulösen, hat König Felipe nun Pedro Sánchez, Parteichef der sozialistischen PSOE (Partido Socialista Obrero Español), mit der Regierungsbildung beauftragt. Diese Entscheidung gab Parlamentspräsident Patxi López am Dienstag nach Gesprächen des Monarchen mit Sánchez und dem amtierenden konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy bekannt.

Rajoys PP (Partido Popular) hatte bei dem Urnengang im Dezember zwar die meisten Stimmen gewonnen, letzten Endes aber eine vernichtende Niederlage erlitten und knapp 16 Prozent der Stimmen und mehr als 60 Sitze im Parlament verloren. Die PSOE von Sánchez war mit 22 Prozent zwar zweitstärkste Kraft geworden, aber auch diese Partei hat eine große Schlappe einstecken müssen und das schlechteste Wahlergebnis seit 1977 erzielt. Dem 43-Jährigen stehen nun schwierige Verhandlungen mit der linken Podemos (13 Prozent) und der neoliberalen Ciudadanos (14 Prozent) über eine Bündnis bevor. Diese beiden Formationen traten im Dezember erstmals bei den landesweiten Wahlen an und wurden aus dem Stand drittstärkste respektive viertstärkste Kraft.

Sánchez teilte am Dienstagabend vor Medienvertretern mit, dass er mindestens einen Monat zur Regierungsbildung bräuche. Zu den größten Hürden dürfte dabei die Forderung von Podemos gehören, in der nach Unabhängigkeit strebenden Region Katalonien ein Referendum für eine Abspaltung von Spanien zu erlauben. Die Sozialisten lehnen dies strikt ab.

Bis dahin wird Mariano Rajoy die Regierungsgeschäfte weiterführen. Sollte Sánchez keine Regierung zustande bringen, ist doch noch mit Neuwahlen im Mai oder Juni zu rechnen. Sollte dies der Fall werden, sehen Beobachter Podemos vor der PSOE.