Faktoren aller Abhärtungsmaßnahmen sind: frische Luft und kaltes Wasser.

Mit dem Sommer fängt die Sonne an ihr Licht in Wärme umzuwandeln und damit die Schöpfung weiter voranzutreiben. Die Natur beginnt ihre Früchte zu spenden, und kluge Lebewesen machen sich auf, um Vorsorge für den kommenden Winter zu treffen: die Bienen stapeln den Honig, die Bauern das Heu und die Hausfrauen kochen Beeren ein.

Jetzt ist die Zeit gekommen, wo auch der auf seine Gesundheit bedachte Mensch etwas sehr Wesentliches für die Gefahren des kommenden Winters tun kann: jetzt muss er sich abhärten, wenn der Erfolg bis zum Beginn der Kälte eingetreten sein soll!

Abhärtung erfordert Arbeit, aber nicht nur von Wochen sondern mindestens von Monaten, und sie erstreckt sich ausschließlich auf das Organ, welches der Wärme- und Kälteregulator des Körpers ist: die Haut! Nur eine schlecht funktionierende Haut macht es überhaupt möglich, dass man sich "erkälten“ kann, und jedermann kann durch methodische Abhärtung seine Haut so stärken, dass Erkältungen nahezu unmöglich werden.

Die Abhärtung aber muss bei empfindlichen Menschen in den Sommermonaten begonnen werden, weil da die beste Voraussetzung für Durchführung und Gelingen gegeben ist: die äußere Wärme; denn das Grundgesetz der Anwendung lautet: "Warm-Kalt-Warm“, d.h. nur auf einen warmen Körper darf eine kalte Anwendung gemacht werden und danach muss der Körper wieder warm werden.

Die Faktoren aller Abhärtungsmaßnahmen sind: frische Luft und kaltes Wasser, beides an die Gesamthaut herangebracht. Deshalb dienen der Abhärtung in erster Linie die Luft- und Freibäder, aber sie genügen nicht zur systematischen Abhärtung und sind auch den meisten Schaffenden nicht erreichbar.

Wir müssen zu Abhärtungsmethoden greifen, die für jedermann im Hause und täglich durchführbar sind, und die beste von ihnen ist das Reibesitzbad: eine Badewanne wird fausthoch mit Leitungswasser gefüllt; da hinein setzen wir uns jeden Morgen frisch aus dem Bett heraus, ziehen die Beine an, spreizen sie und schaufeln mit beiden Händen rasch ein paar Mal das kalte Wasser über Nabel und Unterleib, legen uns dann schnell der Länge nach in die Wanne, bespülen kurz die freien Hautteile und kriechen dann unabgetrocknet ins warme Bett zurück, bis der Körper wieder ganz durchwärmt ist.

Das ganze Reibesitzbad braucht nur eine Minute zu dauern, und frühmorgens aus dem warmen Bett heraus ist die Gewähr gegeben, dass der Körper vorher warm ist und nachher wieder warm wird. So ist es für jedermann möglich, und wer sich im Sommer daran gewöhnt hat, kann es dann auch den ganzen Winter durchführen. Wer es bei offenem Fenster nimmt, verbindet damit noch die Wohltat eines Luftbades.

Durch diese einfache Methode wird die Körperhaut allmählich an Kälte gewöhnt, sie härtet sich ab, und einem derart kältegewöhnten Körper können Feuchte und Frost nichts mehr anhaben. Zudem werden durch Anregung der inneren Sekretion Blut und Säfte gereinigt und verbessert.

Juni, 1950